EU-Entgelttransparenzrichtlinie – Was auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zukommt

25. September 2025

Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit ist ein Grundsatz, der in Europa und Deutschland seit Jahrzehnten gilt. Trotzdem besteht weiterhin ein signifikanter Gender-Pay-Gap. Mit der neuen EU-Entgelttransparenzrichtlinie 2023/970/EU will die Europäische Union diesem Missstand nun effektiv entgegenwirken. Die Richtlinie ist bereits am 6. Juni 2023 in Kraft getreten; die Umsetzung in nationales Recht muss spätestens bis zum 7. Juni 2026 erfolgen. Doch schon jetzt sollten sich Unternehmen wie auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorbereiten.

Das Ziel: Entgeltgleichheit durch Transparenz

Die Richtlinie zielt darauf ab, Entgeltdiskriminierung systematisch aufzudecken und zu beseitigen. Dabei steht die Transparenz im Zentrum: Unternehmen müssen künftig offenlegen, wie sich Gehaltsstrukturen zusammensetzen und ob es geschlechtsbedingte Unterschiede gibt.

Die wesentlichen Neuerungen im Überblick:

  • Individuelles Auskunftsrecht: Jeder einzelne Beschäftigte kann künftig – unabhängig von der Betriebsgröße – vom Arbeitgeber Auskunft über das Entgelt von Vergleichspersonen verlangen.
  • Wegfall der 200er-Grenze: Die bisherige Mindestbeschäftigtenzahl für Auskunftsansprüche (200 Beschäftigte) entfällt. Auch kleine Unternehmen sind betroffen.
  • Vergleichbarkeit: Verglichen wird nicht nur gleiche, sondern auch gleichwertige Arbeit. Dabei kommt es auf Anforderungen, Verantwortung, Belastung und Kompetenzen an.
  • Stellenausschreibungen: Arbeitgeber müssen in künftigen Ausschreibungen klare Angaben zum Gehalt oder zur Gehaltsspanne machen. Gehaltswünsche des Bewerbers abzufragen, ist damit nicht mehr zulässig.
  • Pflichten für Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden: Sie müssen regelmäßig Entgeltberichte erstellen. Ab einem Entgeltunterschied von über 5% in einer Vergleichsgruppe ist gemeinsam mit dem Betriebsrat eine Entgeltbewertung vorzunehmen (sog. „joint assessment“).
  • Beweislastumkehr: Liegt ein Entgeltunterschied vor, muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt.
  • Sanktionen und Schadensersatz: Verstöße können erhebliche finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen – inklusive Nachzahlungen für bis zu drei Jahre und Entschädigungen.

Ausblick und Handlungsbedarf für Arbeitgeber

Für Unternehmen bedeutet dies nicht nur rechtliche Verpflichtungen, sondern auch einen erheblichen Umsetzungsaufwand. Die bestehenden Vergütungssysteme müssen auf diskriminierungsfreie Kriterien überprüft, dokumentiert und gegebenenfalls angepasst werden. Auch tarifgebundene Unternehmen sind betroffen: Sonderzahlungen, Boni, Dienstwagen oder Fortbildungsbudgets fallen oft nicht unter den Tarifvertrag und müssen gesondert bewertet werden.

Zugleich bietet die neue Regelung eine Chance: Wer schon heute auf faire und transparente Vergütungssysteme setzt, kann sich im Wettbewerb um Fachkräfte positiv positionieren.

Umsetzungshilfe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Beschäftigte können ihr Auskunftsrecht auch jetzt schon nutzen, soweit das deutsche Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) dies ermöglicht. Ein formloses Schreiben an den Arbeitgeber oder den Betriebsrat genügt. Wichtig ist eine möglichst konkrete Beschreibung der eigenen Tätigkeit und der vermuteten Vergleichsgruppe.

Zu beachten ist derzeit:

  • Das Auskunftsrecht nach EntgTranspG gilt für Betriebe ab 200 Beschäftigten.
  • Die Vergleichsgruppe muss mindestens sechs Personen des anderen Geschlechts umfassen.
  • Die Auskunft umfasst den Median des Bruttoentgelts sowie bis zu zwei Entgeltbestandteile.

Fazit

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie bringt einen echten Paradigmenwechsel: vom bloßen Anspruch auf Gleichbehandlung hin zu einem einklagbaren Transparenz- und Gleichstellungsrecht. Unternehmen müssen jetzt handeln. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und nutzen. Wir unterstützen beide Seiten – beratend, strategisch und rechtlich durchsetzungsstark.

Wenn Sie Fragen hierzu haben oder rechtlich prüfen lassen möchten, welche Möglichkeiten Sie in Ihrem Fall haben, unterstützen wir Sie gerne.

RA Leon Kolz

Rechtsanwalt Leon Kolz

Bagusche + Partner
Rechtsanwälte mbB
Bahnhofstraße 38
66111 Saarbrücken

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