Insolvenz eines Online-Shops und die Rechte der Käuferin oder des Käufers

18. Juli 2023

In diesem Beitrag geht es um einen insolventen Online-Shop – bzw. dessen Betreiber, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde – und die Rechte des Käufers oder der Käuferin (nachstehend Käufer oder Kunde genannt). Der Beitrag basiert auf einem derzeit konkreten Fall, der Gegenstand einer Recherche des Webvideoformats „offen un‘ ehrlich“ des Saarländischen Rundfunks und funk (ARD/ZDF) zum Thema Insolvenz von online-Shops ist. Ich wurde gebeten, die rechtlichen Hintergründe in der gebotenen Kürze zu erörtern und darzustellen.

Ich habe bei dem Unternehmen bestellt, bin aber mit der Wirkungsweise des Produktes unzufrieden. Jetzt möchte ich mein Geld zurück. Was kann ich tun? 

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das gesetzliche 14-tägige Widerrufsrecht auch bei einer Unternehmensinsolvenz bestehen bleibt. Das heißt, dass der Kunde die Ware nach erfolgtem Widerruf zwar zurückgeben kann, den Kaufpreis aber dann in der Regel nicht erstattet bekommt. Die Ware sollte aus wirtschatlichen Gründen dann einfach privat weiterverkauft werden.

Ich habe beim Kauf Ratenzahlung vereinbart. Muss ich die Raten trotz Insolvenz des Unternehmens (weiter) zahlen? 

Wenn die Kaufpreiszahlung in Form einer Ratenzahlung erfolgen soll, ändert die Insolvenz des Unternehmens nichts an der Zahlungsverpflichtung des Käufers. Die vereinbarten Raten müssen weiter überwiesen werden. Der Insolvenzverwalter teilt dem Kunden in der Regel eine neue Bankverbindung mit.

Ich habe einen Gutschein des Unternehmens. Kann ich diesen noch einlösen?

Hat ein Kunde einen Gutschein eines insolventen Unternehmens, kann nur noch die Forderung aus dem Gutschein zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Haben Sie z.B. (noch) einen Anspruch in Höhe von bspw. 100 €, muss dieser Betrag beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.

Die bestellte und gelieferte Ware ist defekt. Kann ich eine Rückerstattung fordern?

In diesem Fall sind zivil- und insolvenzrechtliche Regelungen einschlägig. Grundsätzlich besteht auch im Falle der Insolvenz der gesetzliche Gewährleistungsanspruch von 2 Jahren, d.h. der Händler müsste die Ware reparieren oder austauschen. Allerdings ist das in der Praxis eher unrealistisch.

Sollte der Hersteller (nicht der Händler) eine (freiwillige) Garantie auf das Produkt gegeben haben, kann man sich an diesen wenden und Reparatur oder Ersatz der defekten Ware verlangen.

Andernfalls müssen Kunden ihren Schadensersatzanspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter in Form einer Forderungsanmeldung zur Tabelle geltend machen.

Mein Produkt ist kaputtgegangen, ich habe aber noch Garantie auf dem Produkt. Kann ich von einem insolventen Unternehmen eine Erstattung fordern

Siehe dazu vorstehend.

Tipps für Kund:innen, die bei einem insolventen Unternehmen bestellt haben? 

Die Situation ist problematisch, insbesondere dann, wenn das Produkt bereits gezahlt und das Produkt noch nicht geliefert wurde. Fordern Sie den Insolvenzverwalter zunächst zur Lieferung auf. Wenn das Unternehmen fortgeführt wird, ist eine Lieferung durchaus denkbar. Bei einer – bevorstehenden – Einstellung des Geschäftsbetriebs bleibt leider nur die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle.

Denn der Insolvenzverwalter hat ein sog. Wahlrecht nach § 103 InsO – er kann entscheiden, ob er das Geschäft abwickelt. Tut er dies nicht, kann der Kunde seine Forderung auch hier nur zur Insolvenztabelle anmelden. Das Gesetz sagt dazu:

§ 103 Wahlrecht des Insolvenzverwalters

(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.

(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob er die Erfüllung verlangen will. 3Unterläßt er dies, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen.

Würden Sie Kund:innen empfehlen, trotz Insolvenz bei einem Unternehmen zu bestellen?

Das halte ich nicht für empfehlenswert. Zwar kann ein Unternahmen auch in der Insolvenz vom Insolvenzverwalter fortgeführt werden. Allerdings ist eine solche Fortführung auch häufig mit Unsicherheiten belastet. Im Falle der Karstadt-Insolvenz kann man sicher mit einer Lieferung der Ware rechnen, bei einem kleinen Online-Shop muss das nicht der Falls sein.

  

Hinweise für die Kunden:

Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie Ihre Ansprüche (Forderungen) fristgerecht beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anmelden. Entsprechende Formulare findet  man in den jeweiligen Justizportalen. Der Anspruch muss zudem hinreichend belegt werden, z. B. durch Rechnungen, Überweisungskopien, etc.

Wenn am Ende des Insolvenzverfahrens dann sogenannte „Masse“ zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung steht, erhält jeder Gläubiger – hier der Kunde – eine sog. Quotenzahlung, also mindestens einen Teilbetrag seiner angemeldeten Forderung.

RA Tobias Bagusche

 

 

 

Tobias Bagusche

Rechtsanwalt Tobias Bagusche

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