Zu Beginn sei auf unseren Artikel vom 18.07.2023 verwiesen, in dem wir die Käuferrechte bei der Insolvenz von Online-Shops dargestellt haben. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung möchten wir nun die Käuferrechte am Beispiel eines insolventen Photovoltaikbetreibers darstellen. Denn im Falle der Insolvenz eines Photovoltaikbetreibers stehen Käufer häufig vor der Herausforderung, ihre Rechte geltend zu machen und durchzusetzen. In diesem Artikel erläutern wir die wichtigsten Punkte, die Käufer in solchen Situationen kennen sollten.
Kaufvertragserfüllung: Die Basics
Ein Kaufvertrag gilt als erfüllt, wenn der Käufer den Kaufpreis gezahlt und der Verkäufer die Ware vertragsgemäß übergeben sowie übereignet hat. Entscheidend ist der Leistungserfolg, nicht nur die Handlung selbst. Selbst wenn ein Nichtberechtigter verfügt, kann die Erfüllungswirkung eintreten. Der BGH betont, dass neben der Kaufpreiszahlung auch die Abnahme durch den Käufer gefordert ist. Selbst kleine Nebenleistungen können relevant sein, falls sie ausbleiben.
Sofern die Kaufsache beim Verkäufer verbleibt, z.B. für Anpassungen, gilt der Vertrag als erfüllt, sobald der Käufer bezahlt hat und Eigentümer geworden ist. Bei Kaufverträgen über ein Recht ist die Verschaffung des Rechts entscheidend für die Vertragserfüllung.
Vollständige Erfüllung vor Insolvenz
Verträge, die vor der Insolvenz beidseitig vollständig erfüllt wurden, sind unproblematisch. Das Schuldverhältnis erlischt. Nur bei Anfechtung durch den Insolvenzverwalter können Rückgewähransprüche entstehen.
Einseitige Erfüllung und Insolvenz
Hat der Kunde bereits den vollen Kaufpreis für die Photovoltaikanlage bezahlt und wurde diese noch nicht geliefert, bevor die Insolvenz eröffnet wurde, kann der Käufer seine Rechte nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Denn in der Verkäuferinsolvenz bei vollständiger Leistung des Käufers fällt dessen Leistung in die Masse, der Käufer kann dann seine Ansprüche nur als Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO geltend machen.Sofern der Photovoltaikbetreiber bereits geleistet hat, muss der Käufer den Kaufpreis an die Masse leisten.
Wahlrecht des Insolvenzverwalters
Ist der Kaufvertrag bei Insolvenz noch nicht oder nur teilweise erfüllt, entscheidet der Insolvenzverwalter über die weitere Erfüllung. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die Ansprüche des Vertragspartners. Danach kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners in den Kaufvertrag eintreten und die Erfüllung (sog. Erfüllungswahlrecht nach § 103 InsO) vom Vertragspartner verlangen, umgekehrt aber auch selbst erfüllen (letzteres wird in der Regel nicht passieren). Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, kann der Vertragspartner seinen Anspruch wegen Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO geltend machen.
Mängel und Insolvenz
Für den Fall der Insolvenzeröffnung nachdem die Photovoltaikanlage bereits geliefert wurde und sich an dieser Mängel zeigen, ist zu differenzieren: Entscheidet sich der Käufer trotz Mängeln für die Sache, gilt der Vertrag als erfüllt. Verlangt er jedoch Nacherfüllung, steht dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht zu. Scheitert die Nacherfüllung, hat der Käufer verschiedene Optionen, darunter Minderung oder Rücktritt. Hat der Käufer vor Verfahrenseröffnung eine Nachfrist gesetzt, die bei Verfahrenseröffnung noch nicht abgelaufen ist, ist die Rücktrittsmöglichkeit wegen Nichtdurchsetzbarkeit des Erfüllungsanspruchs gesperrt. Ist der Rücktritt bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, löst das dadurch entstehende beiderseits unerfüllte Rückgewährschuldverhältnis nach einhelliger Meinung in analoger Anwendung des § 103 InsO ein Wahlrecht im oben genannten Umfang des Insolvenzverwalters aus.
Teilbare Leistungen
Vertragspartner, die vor Insolvenzeröffnung bereits Teilleistungen erbracht haben, werden mit ihren Ansprüchen Insolvenzgläubiger, ohne dass sie diese Teilleistungen zurückfordern können. Die Regelung dient der Aufrechterhaltung der Vertragsbedingungen und entlastet die Insolvenzmasse dadurch, dass nur der Restanspruch als Masseverbindlichkeit behandelt wird. Die Teilbarkeit der Leistung ist weit auszulegen und umfasst sowohl Kauf- als auch Sukzessivlieferungsverträge.
Hinweise für die Kunden
Auch hier weisen wir Sie explizit darauf hin: Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie Ihre Ansprüche (Forderungen) fristgerecht beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anmelden. Entsprechende Formulare finden Sie auf den jeweiligen Justizportalen. Die Forderung muss zudem ausreichend belegt werden, z.B. durch Rechnungen, Kopien von Überweisungen etc. Steht am Ende des Insolvenzverfahrens eine sogenannte „Masse“ zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung, erhält jeder Gläubiger – also auch Sie – eine sogenannte Quotenzahlung, also zumindest einen Teilbetrag seiner angemeldeten Forderung.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an.
RA Tobias Bagusche und Rechtsreferendar Leon Kolz