Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Due Diligence Directive

20. Dezember 2023

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) – Fortsetzung

An dieser Stelle verweisen wir auf unseren Artikel vom 30.07.2023. Unter V. „Ausblick und die Vorgaben der Europäischen Union (EU)“ haben wir dort bereits auf die EU-Richtlinie der Corporate Sustainability Due Diligence Directive („CSDDD“ auch CS3D) hingewiesen.

Nun haben sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament am 14.12.2023 vorläufig und informell über Inhalte der CSDDD geeinigt. Die mit dem Europäischen Parlament erzielte vorläufige Einigung muss nun von beiden Organen gebilligt und förmlich angenommen werden. Die wesentlichen Inhalte der vorläufigen Einigung wollen wir hier bereits besprechen:

I. Gelten die in unserem Artikel genannten Feststellungen noch?

Ja, die CSDDD ist eine EU-Richtlinie. Diese wird am zwangzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten, was noch nicht geschehen ist. Der finale Text der Richtlinie wird nämlich erst in den kommenden Wochen veröffentlicht, daher nehmen wir Bezug auf die Pressemitteilungen des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments. Die Mitgliedstaaten haben sodann zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Denn EU-Richtlinien müssen – um wirksam zu werden-  erst durch nationalen Rechtsakt umgesetzt werden. Dabei bleibt den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, wie sie die Richtlinie umsetzen. Es ist zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber das LkSG an mehreren Stellen anpassen wird, da die CSDDD schärfere Regelungen vorsieht.

II. Welche Unternehmen werden von der CSDDD erfasst?

Der Anwendungsbereich wird perspektivisch noch größer. Bisher gilt das LkSG für in Deutschland ansässige Unternehmen mit mind. 3.000 Beschäftigen. Ab dem 01.01.2024 werden auch Unternehmen mit mind. 1.000 Beschäftigten in Deutschland erfasst. Die CSDDD umfasst drei Gruppen von Unternehmen:

Erstens Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedstaates gegründet wurden (sog. europäisches Unternehmen), mit mind. 500 Beschäftigen und einem weltweiten jährlichen Nettoumsatz von über 150 Mio. €.

Zweitens europäische Unternehmen mit mind. 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mind. 40 Mio. €, wenn sie mind. 20 Mio. € ihres Umsatzes in einem Risikosektor erwirtschaften. Zu den Risikosektoren zählt etwa die Herstellung von und Großhandel mit Textilien, Landwirtschaft einschließlich Forstwirtschaft und Fischerei, Herstellung von Nahrungsmitteln und Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen, Gewinnung von und Großhandel mit Bodenschätzen (z.B. Rohöl, Erdgas, Kohle, Metall und Erze) oder Herstellung von damit zusammenhängenden Erzeugnissen und Bauwesen.

Letztlich werden auch Nicht EU-Unternehmen, also solche aus einem Drittstaat, erfasst, wenn sie mehr als 150 Mio. € Nettojahresumsatz in der EU drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie erwirtschaften. Hierzu wird die EU-Kommission eine Liste der verpflichteten Unternehmen veröffentlichen.

III. Welche Pflichten werden Unternehmen zukünftig zu beachten haben?

Nach dem LkSG müssen Unternehmen in ihrer Lieferkette die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener Weise beachten.

Entsprechend der CSDDD müssen die Unternehmen die Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbereich, gegenüber den vorgelagerten Geschäftspartner (Zulieferer) sowie – und dies ist neu – auch teilweise in den nachgelagerten Tätigkeiten (Lagerung, Vertrieb oder Entsorgung) umsetzen. Dabei müssen die Unternehmen Due Dilligence in ihre Unternehmensrichtlinien und ihre Risikomanagementsysteme integrieren, einschließlich der Beschreibung ihres Ansatzes, ihrer Verfahren und ihres Verhaltenskodexes (Code of Conduct).

IV. Welche weiteren menschenrechts- und umweltbezogenen Pflichten werden erfasst?

Die CSDDD verpflichtet die Unternehmen, ihre negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt wie Kinderarbeit, Sklaverei, Ausbeutung von Arbeitskräften, Umweltverschmutzung, Abholzung, übermäßigen Wasserverbrauch oder Schädigung von Ökosystemen zu verringern. Diese Verpflichtungen sollen durch die Liste in Anhang I der CSDDD von spezifischen Rechten und Verboten, die eine negative Auswirkung auf die oben genannten Gebiete dar-stellen, konkretisiert werden. Die Liste verweist dabei auf internationale Instrumente (Ge-setze, Abkommen etc.), die von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurden und die hinreichend klare Standards setzen, die von den Unternehmen eingehalten werden können.

Die CSDDD verpflichtet die Unternehmen außerdem einen sog. „transition plan“ (Über-gangsplan) zu entwerfen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel (Einklang mit dem 1,5°C Ziel) vereinbar sind. In diesem Plan sollen entsprechende Emissionsreduktionsziele gesetzt werden. Bis zum Jahr 2050 sollen Unternehmen klimaneutral sein. Für die Umsetzung dieses Plans soll es für die Geschäftsleitung von Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten finanzielle Vorteile geben.

Als letztes Mittel (sog. ultima ratio) müssen Unternehmen, die bei einigen ihrer Geschäftspartner nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte feststellen, diese Geschäftsbeziehungen beenden, wenn diese Auswirkungen nicht verhindert oder beendet werden können.

V. Welche sonstigen wesentlichen Änderungen sind zu erwarten?
1. Zivilrechtliche Haftung

Das LkSG sieht keine zivilrechtliche Haftung vor. Sie kann sich lediglich aus anderen Vorschriften ergeben. Die CSDDD soll eine zivilrechtliche Haftung jedoch ermöglichen. Diese sieht eine Frist von fünf Jahren vor, innerhalb derer Betroffene (einschließlich Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft) ihre Ansprüche geltend machen können.

2. Geldbußen

Zusätzlich verstärkt die CSDDD auch die Eingriffsintensität möglicher Geldbußen. Bisher können diese nach dem LkSG max. zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen. Nach der Richtlinie soll dies jedoch bis zu fünf Prozenz des weltweiten Nettoumsatzes möglich sein.

3. Vergabe öffentlicher Aufträge

Die Vereinbarung sieht außerdem vor, dass die Einhaltung der CSDDD als Kriterium für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen herangezogen werden kann.

4. Finanzsektor

Der Finanzsektor wird vorübergehend aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Jedoch wird es eine Überprüfungsklausel für eine zukünftige Einbeziehung geben.

 

VI. Anforderungen an die Unternehmen

Die Betroffenen sind nun umso mehr gefordert, die Vorgaben des LkSG in der vorgegebenen Form umzusetzen und nachhaltig zu beachten. Perspektivisch kann man sich an den strengeren Anforderungen der CSDDD orientieren, da sie einen weiteren erheblichen Umsetzungsaufwand erfordern wird. Sobald der finale Text der Richtlinie veröffentlicht wird, werden wir die wesentlichen Inhalte ebenfalls für Sie darstellen.

 

VII. Weiterführende Informationen und Hilfestellungen

https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20231205IPR15689/corporate-due-diligence-rules-agreed-to-safeguard-human-rights-and-environment

https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2023/12/14/corporate-sustaina-bility-due-diligence-council-and-parliament-strike-deal-to-protect-environment-and-human-rights/

https://www.consilium.europa.eu/de/policies/corporate-sustainability/

https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit/wirtschaft/lieferketten/europaeische-lieferket-tenrichtlinie-csddd

 

Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an.

 

RA Tobias Bagusche und Rechtsreferendar Leon Kolz

Tobias Bagusche

Rechtsanwalt Tobias Bagusche

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