Reform des Familienrecht: Ein Überblick

04. März 2024

Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) unter Bundesjustizminister Marco Buschmann hat eine Reihe von Reformen im Familienrecht vorgestellt, die auf eine Modernisierung des Sorgerechts, des Umgangsrechts und des Abstammungsrechts abzielen. Diese Reformen sollen die Realitäten heutiger Familienstrukturen besser widerspiegeln und insbesondere Rechte von Kindern stärken.

 

Das BMJ will die entsprechenden Gesetzentwürfe bis zum Sommer vorlegen. Daher ist mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bis 2025 geplant. Die wesentlichen Inhalte der geplanten Reform wollen wir in diesem Überblick darstellen:

 

Häusliche Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht

Ein Schwerpunkt der Reformen ist der verbesserte Schutz vor häuslicher Gewalt im Kontext von Sorge- und Umgangsrecht sowie die Stärkung der Kinderrechte, indem Familiengerichte verpflichtet werden sollen, den Schutz vor häuslicher Gewalt systematisch zu berücksichtigen. Unter anderem soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in Umgangsverfahren mögliche Anhaltspunkte für häusliche Gewalt gegen das Kind und/oder den anderen Elternteil und deren Auswirkungen umfassend und systematisch ermittelt und eine Risikoanalyse vornimmt. Eine gemeinsame elterliche Sorge soll künftig generell bei Gewaltfällen nicht in Betracht kommen.

Kinder erhalten zudem ein eigenes Umgangsrecht mit Großeltern, Geschwistern und anderen sozialen Bezugspersonen. Kinder ab 14 Jahren sollen mehr Einfluss auf Entscheidungen im Sorge- und Umgangsrecht erhalten und können in bestimmten Fällen auch gerichtliche Entscheidungen herbeiführen.

 

Lesbische Mütter im Abstammungsrecht

Ein wichtiger Aspekt der Reform betrifft das Abstammungsrecht. Wenn ein Kind in eine Partnerschaft von zwei Frauen hineingeboren wird, soll die Partnerin der Gebärenden ebenfalls als Mutter anerkannt werden können, ohne eine Adoption durchführen zu müssen.

 

Mitentscheidung im Sorgerecht

Die Reformen im Sorgerecht zielen darauf ab, Eltern mehr Gestaltungsspielraum zu geben. Eltern sollen künftig unter Einbeziehung des Jugendamts die Alleinsorge eines Elternteils vereinbaren oder das Sorgerecht leichter von einem Elternteil auf den anderen übertragen können. Unter elterlicher Sorge versteht man die Pflicht und das Recht der Eltern, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Dabei bleibt das Wohl des Kindes der entscheidende Maßstab. Zusätzlich wird das „kleine Sorgerecht“ erweitert, das es Eltern ermöglicht, alltägliche Entscheidungen (§ 1687b BGB) wie Ernährung, Kleidung und Gesundheit des Kindes zu treffen. Dieses Recht kann nun an bis zu zwei weitere Personen, beispielsweise neue Partner in Patchwork-Familien, übertragen werden. Auch Vereinbarungen über den Umgang des Kindes mit Dritten, wie dem leiblichen Vater, sollen auf eine solidere rechtliche Grundlage gestellt werden.

 

Gesetzliches Wechselmodell

Eine bedeutende Neuerung ist die erstmalige gesetzliche Verankerung des Wechselmodells, bei dem Kinder abwechselnd bei beiden Elternteilen leben. Das bisher herrschende Residenzmodell, bei dem gemeinsame Kinder nach einer Trennung nur von einem Elternteil – meist der Mutter – betreut werden, sei nicht mehr zeitgemäß.

Das Familiengericht kann diese Betreuungsform anordnen, wenn es im Kindeswohl liegt. Dieses Modell berücksichtigt sowohl eine gleichmäßige Aufteilung der Betreuungszeit (symmetrisches Wechselmodell) als auch ein Modell, bei dem ein Elternteil einen größeren Anteil der Betreuungszeit übernimmt (asymmetrisches Wechselmodell).

 

Stärkung der Rechte für leibliche Väter

Die Rechte leiblicher Väter, die Verantwortung für ihr Kind übernehmen möchten, sollen ebenfalls gestärkt werden. Es wird eine Regelung eingeführt, die es einem Mann während eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens verbietet, die Vaterschaft eines anderen Mannes anzuerkennen. Auch soll die Möglichkeit bestehen, die Vaterschaft anzufechten, selbst wenn eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind besteht.

 

Die Reformpläne sehen auch vor, dass Kinder künftig leichter ihr Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung verwirklichen können sollen. Dazu soll ein spezielles Feststellungsverfahren eingeführt werden, in dem das Kind durch gerichtliche Entscheidung feststellen lassen kann, ob z.B. eine Person sein leiblicher Vater ist.

 

Weiterführende Informationen und Hilfestellungen

https://www.bmj.de/DE/themen/gesellschaft_familie/gesellschaft_familie_node.html

https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/0116_Reform_Abstammung_Kindschaft.html

https://www.bmj.de/SharedDocs/Interviews/DE/2024/0122_Welt_Interview.html

 

Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an.

Familienrecht

Kathrin Otto

Rechtsanwältin Kathrin Otto

Bagusche + Partner
Rechtsanwälte mbB
Bahnhofstraße 38
66111 Saarbrücken