Einführung
Schimmelbefall in Wohnräumen stellt ein ernstzunehmendes Problem dar, das sowohl gesundheitliche Risiken birgt als auch die Wohnqualität erheblich beeinträchtigt. Dieser Leitfaden soll Mietern eine erste rechtliche Orientierung und Handlungsanweisungen bieten, um effektiv gegen Schimmelbefall vorzugehen und ihre Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen.
Schimmelbefall erkennen und dokumentieren
Der Vermieter ist gesetzlich verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten. Schimmelbefall stellt einen Mangel dar, der diese Gebrauchstauglichkeit einschränkt (§ 536 BGB).
Mieter sollen Anzeichen von Schimmel wie Verfärbungen an Wänden, modrigen Geruch oder sichtbare Sporenbildung identifizieren. Dabei sollten detaillierte Fotografien vom Schimmelbefall angefertigt werden. Ggf. sollte man Notizen zum Ausmaß und der Lage des Befalls machen und das Datum dokumentieren. Diese Dokumentation ist essentiell für spätere Schritte und Beweiszwecke.
Informationspflicht und Kommunikation mit dem Vermieter
Gemäß § 536c BGB müssen Mieter den Vermieter unverzüglich über Mängel informieren. Dies ermöglicht dem Vermieter, den Mangel zu beseitigen und verhindert, dass Mieter bei einer Verschlimmerung des Mangels in Regress genommen werden können.
Der Mieter hat also unverzüglich den Vermieter schriftlich über den Schimmelbefall zu informieren. Dabei sollte man ein Einschreiben mit Rückschein nutzen oder das Schreiben persönlich gegen Quittung selbst übergeben.
Wichtig ist dabei, dass eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wird, in der Regel 2-4 Wochen, abhängig von der Schwere des Befalls.
Mietminderung
Der Schimmelbefall berechtigt den Mieter grundsätzlich zur Minderung der Miete, sofern dieser vorher den Mangel beim Vermieter angezeigt hat und keine Abhilfe geschaffen wurde. Die Höhe der Mietminderung hängt vom Ausmaß der Gebrauchsbeeinträchtigung ab. Es gibt keine pauschalen Quoten; jede Situation erfordert eine individuelle Bewertung.
Der Mieter hat dem Vermieter die Mietminderung schriftlich mitzuteilen, inklusive der Begründung und der Berechnung der Minderungsquote.
Ein paar Beispiele:
- 7% bei immer wiederkehrender Feuchtigkeit der Schlafzimmerdecke und tropfendem Wasser aus der Decke (AG Köln, Urteil vom 2.01.2007, Az.: 206 C 284/04)
- 15 % bei nicht großflächigem Schimmel an mehreren Stellen in der Wohnung (LG Berlin, Urteil v. 22.10.2010, Az.: 63 S 690/09)
- 50 % bei Schimmel im Wohnzimmer, der 60 % der Wohnfläche bedeckt (LG Hamburg, Urteil v. 31.01.2008, Az.: 307 S 144/07)
Kündigung des Mietverhältnisses
Der Mieter hat auch das Recht das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos zu kündigen. Nämlich dann, wenn ein erheblicher Schimmelbefall mit Toxinbildung vorliegt, der die Gesundheit erheblich gefährdet und der Vermieter den Mangel nicht innerhalb einer gesetzten Frist beseitigt hat. Ist nur ein Teil der Räume von einem die Gesundheit gefährdenden Mangel betroffen, besteht ein Kündigungsrecht nur, wenn dadurch die Nutzbarkeit der Wohnung im Ganzen erheblich beeinträchtigt ist.
Bevor der Mieter eine fristlose Kündigung aussprechen kann, muss man dem Vermieter eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung setzen und klarstellen, dass der Mieter bei Nichtbeseitigung des Mangels das Mietverhältnis fristlos kündigen wird.
Schönheitsreparaturen bei Auszug mit Schimmelbefall
Die Beseitigung von Schimmelschäden und das damit verbundene Streichen der Wände sowie ggf. das Entfernen von Tapeten gehören nicht mehr zu den vom Mieter zu tragenden Schönheitsreparaturen.
Denn Schönheitsreparaturen umfassen grundsätzlich nur die Beseitigung von Abnutzungserscheinungen, die durch den normalen Gebrauch der Mietsache entstanden sind. Die Beseitigung von Schimmel gehört nicht mehr zu den Abnutzungen, die durch den normalen Gebrauch der Mietsache entstehen, sondern zu den Erhaltungsarbeiten, die der Vermieter durchführen muss. Die Kosten für die Schimmelbeseitigung hat der Mieter nur zu tragen, sofern er auch für die Entstehung des Schimmels verantwortlich ist. Dies ist insbesondere eine Frage der Beweislast.
Beweislast bei Schimmelbefall
Zunächst liegt es am Mieter, den Schimmelbefall und dessen negativen Einfluss auf die Wohnqualität oder Gesundheit zu beweisen. Die zuvor empfohlene Dokumentation ist hierfür essenziell. Nach erfolgreicher Darlegung des Mangels durch den Mieter obliegt es dem Vermieter zu beweisen, dass der Mangel nicht durch eine Verletzung seiner Instandhaltungspflicht entstanden ist oder, dass die Ursache des Schimmelpilzbefalls nicht dem Gebäude zuzuordnen ist. Der Vermieter muss also die Mangelfreiheit der Mietsache und die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Instandhaltungspflichten nachweisen, während der Mieter für sein Nutzungsverhalten und die Einhaltung der ihm obliegenden Pflichten, wie ausreichendes Heizen und Lüften, Beweise erbringen muss.
Gerichtliche Durchsetzung
Führen die bisherigen Maßnahmen nicht zum Erfolg, kann eine gerichtliche Klärung notwendig werden. Hierbei können man auf Unterlassung, Mängelbeseitigung oder Schadensersatz klagen. Sowie einen Antrag auf Feststellung der Ursachen und des Aufwands zur Schadensbeseitigung bei Schimmel in der Wohnung ist möglich. Eine anwaltliche Beratung ist hierbei dringend zu empfehlen.
Wichtige Urteile
Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Juli 2006 – VIII ZR 271/05: Der Mieter ist berechtigt, die Miete zu mindern, wenn der Schimmelbefall die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erheblich mindert.
Landgericht Berlin, Urteil vom 22.10.2010 – 63 S 690/09: Eine Mietminderung von 15 % ist gerechtfertigt bei nicht großflächigem Schimmel an mehreren Stellen in der Wohnung und der Vermieter trotz Kenntnis nicht abhilft.
Tipps zur Schimmelvermeidung
- Stoßlüften (Fenster für 5-10 Minuten ganz öffnen) statt gekippter Fenster, denn so kühlen Wände weniger aus und es erfolgt ein vollständiger Luftaustausch
- Wenn möglich, 3-4 Mal am Tag lüften, auch im Schlafzimmer! (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 07.02.12, Az.: 2-17 S 89/11) Nicht zwingend, da es insbesondere einem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann.
- Nach dem Kochen, Duschen und Waschen lüften, damit die Feuchtigkeit nach draußen gelangt. Nach dem Duschen die Fliesen trocknen (LG Berlin, 61. Zivilkammer, 09.08.1999, Az.: 61 S 510/98)
- Wäsche möglichst auf dem Balkon trocknen
- In einem Bad ohne Fenster Wäsche möglichst nicht zum Trocknen aufzuhängen
- Wäsche nicht über einem Heizkörper trocknen
- Gleichmäßig heizen und Heizung in weniger genutzten Räumen nicht völlig abstellen
Zusammenfassung
Der Umgang mit Schimmelbefall erfordert eine systematische Vorgehensweise, die von der Dokumentation über die Kommunikation mit dem Vermieter bis hin zur möglichen gerichtlichen Durchsetzung reicht. Mieter haben umfangreiche Rechte, müssen jedoch auch ihre Pflichten, wie die unverzügliche Mängelanzeige, erfüllen. Grundsätzlich sollten die Mieter ihr Vorgehen auch gut dokumentieren, da der Nachweis der Verantwortlichkeit für den Schimmel streitentscheidend ist.
Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns gerne an.
RAin Kathrin Otto und Rechtsreferendar Leon Kolz